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Das Zockertagebuch des luftigen Wolfes

Ja, ich bin ein Kind der 80er gewesen. Wenn ihr mich fragt, eine der besten Zeiten, an die ich mich erinnern kann, auch wenn natürlich nicht immer alles schön war. Da war nicht nur der ganz normale Wahnsinn der Schulzeit. Neue Katastrophen wie AIDS und Tschernobyl kamen über die Welt. Der kalte Krieg, der immer mal wieder etwas aufzuflackern drohte. Eine Menge von Attentaten und Unglücken… und nicht zu vergessen die drohende Wiedervereinigung. ;-)

NostalgieAber es gab da einige Dinge, die mich aus dieser Welt entfliehen ließen. Neben einigen lustigen Fernsehserien gab es da mein erster sogenannter „Personal Computer“, den ich im zarten Alter von 7 in der dritten Klasse der Grundschule geschenkt bekam: ein C64!

Natürlich fing ich mit Spielen an, darunter Klassikern von „A“ wie A.C.E bis hin zu „Z“ wie Zoid. Schnell fand ich auch heraus, dass man den Brotkasten auch selbst programmieren konnte! Also begann ich mit äußerst rudimentären Spriteanimationen und fand recht schnell die Grenzen der Hardware, zumindest wenn man diese mit BASIC programmierte.

der 286er Prozessor von IntelMitte der 90er kamen dann „echte“ PCs auf den Markt. Diese waren allerdings lange Zeit absurd teuer, sodass ich erst Jahre später mit dem 286er meinen Einstieg fand. Ich hatte ihn von meinem Vater geschenkt bekommen, mit dem Hintergedanken, dass ich ihm den Umgang damit beibringen würde. Von da an „erbte“ ich in regelmäßigen Abständen den abgelegten Rechner meines Vaters; ich lernte ich an diesen Kisten den Einbau von Speichermodulen, neuen CPUs, Sound- und Grafikkarten Festplatten und Mainboards. Ich konnte ihn zwar nie zum Zocker „konvertieren“, aber zumindest zum Hardware-Enthusiasten, der alle 1-2 Jahre ein Upgrade brauchte und mir damit auch eins verschaffte.

Zockertechnisch begann diese Zeit mit einigen Ballerspielen wie Wolfenstein und Doom, es kamen die ersten 3D-Autorennen wie Stunts und Grand Prix, die ersten Strategiespiele in Form von Dune und Battle Isle sowie der ersten Flug- und Weltraumsimulationen (z.B. Wing Commander, Apache, Flight Simulator) auf den Markt. Da wurde mir allmählich klar, dass ich der Zockerei vollends verfallen war. Widerstand zwecklos.

Lan-Party auf einem Uni-CampusDoch glücklicherweise war ich seinerzeit nicht der einzige „Verrückte“ in dieser Richtung! Im Laufe der 90er kamen vermehrt LAN-Parties auf. Im Netzwerk wurde dann unter den widrigsten Licht- und Nahrungsbedingungen gedaddelt, bis der Arzt kam. Da verflogen schonmal 48 Stunden – was solls! Wir waren jung und brauchten kein Geld.

Die Schlepperei von PCs (und natürlich auch Monitor und Co.!) zu LAN-Parties verflog irgendwann Anfang der 2000er, als das Internet allmählich zum Spielen taugte. Zu dieser Zeit benutzte man noch Modems, um sich über das analoge Telefonnetz einzuwählen. Abgerechnet wurde dann entweder nach Verbrauch oder Zeit - je nach Tageszeit war dann der ein oder andere Anbieter günstiger, sodass man sich immer den günstigsten Weg zum Multiplayer suchen musste. Ohje, was hatten wir damals für QUAKE-, Command&Conquer und CounterStrike-Sessions…

World of WarcraftNoch traf man sich zu einzelnen gemeinsamen Partien in kleiner Runde, aber bald kamen die ersten MMOs („Massively Muliplayer Online Games“) auf. Anfangs konnte ich mich nicht mit der Idee anfreunden, in einer persistenten Welt mit fremden Zockern rund um den Globus zu spielen, aber als mich einigen Freunde und Informatik-Kommilitonen an der FH dann Ende 2004 mit der WoW-Beta ansteckten, war es um mich geschehen. Lange Zockernächte schienen außerhalb von LAN-Parties der Vergangenheit anzugehören, aber sie kamen mit einem Knall zurück. Ja, online kann man durchaus nette Leute kennenlernen, die sich im Zuge des Gruppenzwangs („ach komm, lass uns doch nur noch schnell Dungeon XYZ machen!“) zusammenfinden und in Gilden verbündeten. Damit kam dann noch ein weiterer Aspekt zum reinen Spiel: die „Arbeit“. Ja, eine Gilde zu leiten oder wenigstens als sogenannter „Offizier“ an deren Leitung mitzuwirken kostete Zeit und Schweiß. Natürlich machte das meistens auch Spaß, aber letzten Endes kam eine Art von Organisation dazu, die vor allem den Gildenmitgliedern dann möglichst reibungsloses „Raiden“ (= Überfall von Dungeons in größeren Gruppen von seinerzeit 40 Mann/Frau!) ermöglichen sollte.


Tja, was soll ich sagen: alleine in MMOs habe ich zusammengenommen JAHRE meines Lebens verbracht. Das wäre natürlich nicht möglich gewesen, hätte ich im Jahre 2000 nicht eine liebe Frau gefunden, in der ich den Funken der Zocker-Leidenschaft entfachen konnte.

Ja, in dieser Zeit kam auch ein neues Phänomen auf: die Online-Sucht. Viele gingen in dieser alternativen Realität unter und gaben ihr Studium auf oder verloren gar ihren Job.

Die wahre Kunst des Zockerdaseins liegt nämlich nicht darin, in einem Spiel möglichst gut zu sein. Sie liegt vielmehr darin, ein so zeitlich aufwendiges Hobby mit der Schulzeit, einem Studium oder einer Ausbildung, dem Job und nicht zuletzt mit der Familie unter einen Hut zu bringen!

Einige hundert Computerspiele seit meiner Kindheit später kann ich behaupten, meinen Weg gegangen zu sein. Mit knapp 40 Jahren und nach gut der Hälfte meiner Lebenszeit (ich bin da ganz realistisch! ;-) schaue ich zurück und sehe diese Zeit nicht als verloren an, sondern als eines der intensivsten Hobbies, die man haben kann. Ich hoffe, ich werde auch im höheren Alter noch in der Lage sein, dieses auszuüben.

Nur schade, dass uns keine Kinder vergönnt waren. Ich hätte allzu gern den Funken der Zocker-Leidenschaft weitergegeben – egal, ob es sich dabei um Sohn oder Tochter gehandelt hätte. Ich bin mir sicher: der Tag, an dem er oder sie mich zum ersten mal in einem fairen Spiel besiegt hätte, wäre einer der stolzesten meines Lebens geworden. ;-)